Darf eine Ehefrau ihrem Ehemann etwas von ihrem Vermögen als Zakâ geben, besonders wenn er bedürftig ist und über ein begrenztes Einkommen verfügt?
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
In Bezug auf die Erlaubnis von Zakâ-Zahlungen einer Ehefrau an ihren Ehemann gibt es unter den Gelehrten (Allâh erbarme sich ihrer) zwei Ansichten:
Die erste Ansicht stammt von Abû Hanîfa (Allâh erbarme sich seiner) und einigen anderen Gelehrten. Sie halten es nicht für erlaubt, dass die Ehefrau Zakâ von ihrem Vermögen an ihren Ehemann entrichtet. Sie argumentieren damit, dass der Ehemann zu seiner Ehefrau steht wie die Ehefrau zu ihrem Ehemann und sagen: Da es dem Ehemann verboten ist, Zakâ an seine Frau zu entrichten, gilt auch der umgekehrte Fall.
Die zweite Ansicht ist die der Mehrheit der Gelehrten, darunter At-Thaurî, As-Schâfi’î, die beiden Schüler des Abû Hanîfa (d.h. Abû Yûsuf und Muhammad As-Schaibânî; A. d. Ü.) und ebenso nach einer Überlieferung Imâm Mâlik bzw. Ahmad ibn Hanbal. As-Schaukânî sagte: „Dies ist die Ansicht von Al-Hâdî, An-Nâsir und Al-Mu‘ayyad Billâh (Allâh erbarme sich ihrer).“ Es ist auch die Auffassung von Ibn Hazm, dass es der Frau erlaubt sei, Zakâ auf ihr Vermögen an ihren Ehemann zu entrichten, wenn dieser arm ist. Diese Gelehrten argumentieren mit der Überlieferung von Ahmad ibn Hanbal, Al-Buchârî und Muslim über Zainab, die Ehefrau von Abdullâh ibn Mas’ûd, nach welcher der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Ihr Frauen, spendet und wenn es auch von eurem Schmuck ist.“ Sie sagte: „Da ging ich zurück zu Abdullâh und sagte: ‚Du bist bedürftig und der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hat uns angewiesen zu spenden. So geh zu ihm und frage ihn, ob es mir nützt (, wenn ich dir spende). Wenn nicht, so werde ich es anderen geben.‘ Sie sagte, dass Abdullâh darauf entgegnete: „Geh du (Zainab)!“ Sie sagte weiter: „So ging ich los und da war eine Frau von den Ansâr (medinensische Muslime; A. d. Ü.) an der Tür des Hauses des Gesandten Allâhs, und ich hatte das gleiche Anliegen wie sie. Der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) trat heraus und erschien sehr würdevoll. Dann kam Bilâl und wir sagten ihm: „Geh zum Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und sag ihm, dass zwei Frauen an der Tür sind, die ihn fragen wollen, ob es ihnen erlaubt sei, ihren Ehemännern und den Waisenkindern in ihrer Obhut zu spenden. Aber sag ihm nicht, wer wir sind.“ Bilâl ging hinein und fragte den Propheten. Dieser fragte, wer die Frauen seien und er (Bilâl) sagte: „Eine Frau von den Ansâr und Zainab.“ Daraufhin fragte er: „Welche Zainab?“ und er antwortete: „Die Frau des Abdullâh.“ Der Prophet sagte: „Sie haben zwei Belohnungen. Die Belohnung der Verwandtschaftsbande und die Belohnung für die Spende.“ Der Wortlaut nach Al-Buchârî ist ähnlich.
As-Schaukânî schreibt in „Nail Al-Autâr“: „Dieser Hadîth ist ein Beleg dafür, dass es einer Frau erlaubt ist, ihrem Ehemann Zakâ zu entrichten.“
Ibn Hazm sagt in „Al-Muhallâ“: „Eine Frau kann Zakâ an ihren Ehemann zahlen, wenn er zu den rechtmäßigen Zakâ-Empfängern gehört. Denn es wurde authentisch vom Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) überliefert, dass er Zainab, der Frau des Ibn Mas’ûd, eine solche Auskunft erteilte (daraufhin zitiert er den genannten Hadîth).“
Vorzuziehen ist die Mehrheitsansicht der Gelehrten, nämlich dass einer Frau eine solche Zahlung erlaubt ist, wenn ihr Ehemann zu den Zakâ-Empfängern gehört. Dafür gibt es Belege aus der Überlieferung und rationale Argumente (Nazar). Die Überlieferung ist der genannte Hadîth von Zainab. Die rationale Argumentation basiert auf der Aussage von Abû Ubaid (Allâh erbarme sich seiner): „Der Mann ist zum Unterhalt seiner Frau verpflichtet, selbst wenn sie wohlhabend ist. Doch sie ist nicht verpflichtet für seinen Unterhalt, auch wenn er bedürftig ist. Was für ein klarer Unterschied!“
Diese Ansicht widerlegt den Analogieschluss von Abû Hanîfa (Allâh erbarme sich seiner), da dies ein Analogieschluss mit einer falschen Analogie ist. Ibn Qudâma schreibt in „Al-Mughnî“ bei der Erklärung dieser Erlaubnis: „Weil der Unterhalt für den Ehemann keine Verpflichtung für die Ehefrau ist, so ist auch eine Zakâ-Zahlung ihrerseits an ihn nicht untersagt – wie bei einem Fremden. Aber davon ausgenommen ist, dass der Unterhalt der Ehefrau eine Verpflichtung für den Ehemann ist. Grundsätzlich gilt, dass eine Zakâ-Zahlung als erlaubt gelten muss. Der Ehemann wird allgemein unter die bezüglich der Zakâ genannten Gruppen subsumiert. Es gibt keinen ausdrücklichen Textbeleg oder einen Konsens für ein Verbot. Es ist auch nicht korrekt, in Analogie zu jemandem zu verfahren, bei dem ein solches Verbot gilt (da ja ein offensichtlicher Unterschied zwischen den beiden Eheleuten in dieser Beziehung vorliegt). Daher muss man von der Erlaubnis einer solchen Zakâ-Zahlung ausgehen.“
Es könnte eingewandt werden, dass die im Hadîth erwähnte Spende (Sadaqa) sich auf eine freiwillige Zahlung (und nicht die verpflichtende Zakâ; A. d. Ü.) bezieht, wegen der Formulierung „und wenn es auch von eurem Schmuck ist“ und auch weil Zainab sagt „Würde mir das nützen?“ (und damit gemeint sein könnte: „… um die Strafe im Jenseits abzuwenden“). Diese Einwände kann man jedoch zurückweisen, da eine jenseitige Strafe im Höllenfeuer nur demjenigen angedroht wird, der die Pflichtzahlung (d.h. Zakâ) verweigert. Für die Verweigerung einer freiwilligen Spende gilt jedoch keine Strafandrohung. Die Aussage von Zainab „Würde mir das nützen“ muss folgendermaßen verstanden werden: „Wird mir das als verpflichtende Zakâ angerechnet?“ Eine solche Formulierung würde bei einer freiwilligen Spende nicht passen, da ja damit die Frage nach Nutzen und Belohnung verbunden ist. Doch Belohnung wird ohnehin für jede Spende von Vermögen versprochen.
As-Schaukânî (Allâh erbarme sich seiner) sagt: „Offensichtlich muss hieraus verstanden werden, dass es der Ehefrau erlaubt ist, Zakâ an ihren Ehemann zu entrichten. Dies gilt aus zwei Gründen: Einmal, weil es keinen Beleg gibt, der dies untersagt. Wer also ein solches Verbot behauptet, muss dies belegen. Andererseits hat der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) auf die Frage der beiden Frauen nicht detailliert geantwortet, so dass seine Antwort allgemein verstanden werden muss. Er hat nicht genauer nachgefragt, ob es sich um eine freiwillige Spende oder Pflichtspende handele. Damit ist es, als ob er gesagt hätte: „So etwas ist dir erlaubt, egal ob in Pflichtform oder freiwillig.“
Die Regel, auf die sich As-Schaukânî hier bezieht, wurde erstmals von Imâm As-Schâfi’î aufgestellt.
Und Allâh weiß es am besten!
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